Oels (Schlesien)

Schlesien Kr Oels.pngFile:Map Olesnica.pngDie mittelschlesische Stadt Oels (Öls)  - nordöstlich von Breslau (Wroclaw) gelegen - ist das heutige polnische Olesnica mit derzeit ca. 37.000 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Olesnica rot markiert, K. 2005, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im östlich von Breslau gelegenen Herzogtum Oels (Öls) haben sich Juden nachweislich seit Anfang des 14.Jahrhunderts angesiedelt; über ihre genaue Anzahl ist wenig bekannt; doch schien die kleine Gemeinde eine Filialgemeinde von Breslau gewesen zu sein. Um 1420 wird erstmals ein Bethaus erwähnt; ob ein Friedhof vorhanden war, darüber schweigen die Quellen.

Im Zusammenhang der „Capistrano-Verfolgung“ in Breslau (1453) mussten auch die in Oels lebenden Juden die Region verlassen; damit endete die jüdisch-mittelalterliche Gemeinde Oels. Die Synagoge wurde konfisziert und als christliche Kirche geweiht. Auf Grund fürstlicher Privilegien konnte sich Anfang des 16.Jahrhunderts wieder eine kleine jüdische Gemeinschaft in Oels bilden, die damals sogar eine eigene Synagoge errichtete. In einem Nebenraum der Synagoge war eine Druckerei für hebräische Schriften untergebracht, die von Chajim ben David Schwarz und seinem Geschäftspartner David ben Jonathan geleitet wurde.

Um 1530 wurden die jüdischen Familien aus Oels vertrieben, durften aber nach mehreren Jahren wieder hierher zurückkehren. 1553 sollen nach einem schweren Unwetter, das erhebliche Zerstörungen in der Stadt verursachte, die Juden erneut aus Oels vertrieben worden sein. In den Folgejahren blieb Oels „judenfrei“.

In der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts bestand dann erneut für kurze Zeit eine relativ große und auch wohlhabende jüdische Gemeinde, deren Angehörige aus Deutschland und Polen stammten. Ihre wirtschaftliche Grundlage bildete der Tuchhandel. Doch auf Betreiben des Rates der Stadt Oels entzog der regierende Herzog den Oelser Juden seinen Schutz, sodass sie 1575 die Stadt verlassen mussten. Zuvor war ihnen noch erlaubt worden, ihre Schulden einzutreiben und ihre Häuser zu verkaufen. In der Folgezeit hielten sich Juden nur für kurze Zeit in Oels auf, um die hiesigen Märkte zu besuchen; sie verkauften Fertigwaren und kauften Vieh ein. Der Oelser Münze lieferten Juden lange Zeit die notwendigen Rohstoffe, Silber und Kupfer.

Stadtansicht von Oels gegen Mitte des 17.Jahrhunderts - Merian-Stich (Abb. aus: de.wikipedia.org, gemeinfrei)

Erst als um 1750 Oels an Preußen fiel, ließen sich Juden wieder dauerhaft hier nieder; diese mussten königliches und auch herzogliches Schutzgeld entrichten; einige waren „Hofjuden“. Der Erwerb eigener Häuser war ihnen damals aber noch verwehrt. Eine neue, sehr kleine jüdische Gemeinde in Oels entstand vermutlich in den 1760er Jahren; ihr Statut erhielt sie knapp zehn Jahre später.

Gottesdienste wurden anfänglich in angemieteten Räumen abgehalten. 1839/1840 wurde eine eigene Synagoge errichtet, die unmittelbar an der Stadtmauer, in der Nähe der Salvatorkirche, lag; in einem Nebenraum war eine Mikwe eingerichtet worden. Ihren ersten eigenen Rabbiner besaß die Gemeinde seit ca. 1860.

                            Synagoge in Oels (Lithographie Adolf Groegera, um 1860)

         

Synagogengebäude von Oels (siehe Pfeil)                                 -                                 Ausschnittsvergrößerung

Ein eigenes Friedhofsareal wurde der Judenschaft in den 1820er Jahren zugesprochen; bis dahin mussten  Verstorbene auf den Friedhöfen von Festenberg (Twardogóra) bzw. Mühlatschütz (Miłocice) beerdigt werden. Die erste Beerdigung auf dem Oelser Friedhof fand 1826 statt. Für die Waschung der Verstorbenen war eine kleine Leichenhalle errichtet worden.

Juden in Oels:

        --- 1521 ..........................   7 jüdische Familien,

--- 1758 ..........................  24 Juden,

--- 1782 ..........................  19   “  ,

    --- 1812 ..........................  47   “  (in 12 Familien),

    --- 1840 .......................... 121   “  ,

    --- 1857 .......................... 176   “  ,

    --- 1871 .......................... 274   “  ,

    --- 1880 .......................... 330   “  ,

    --- 1885 .......................... 335   "  ,

    --- 1905/07 ....................... 163   “  ,

    --- 1925 .......................... 118   “  ,

    --- 1933 .......................... 114   “  ,

    --- 1937 ..........................  62   “  ,

    --- 1939 ..........................  17   “  .

Angaben aus: Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens - Entstehung und Geschichte, S. 146

Stadtzentrum von Oels (hist. Bildpostkarte, aus: sztetl.org.pl)

 

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war Oels Sitz verschiedener jüdischer Organisationen; die Abwanderung der jüdischen Bewohner setzte sich aber fort.

Während der „Kristallnacht“ vom November 1938 wurden fünf Geschäfte jüdischer Besitzer zerstört; ebenfalls waren Wohnungen Ziele antisemitischer Übergriffe. Auch das Synagogengebäude wurde von Nationalsozialisten in Brand gesetzt.

Mit Kriegsbeginn endete die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Oels. Ende 1942 hielten sich nur noch vier „in Mischehe“ verheiratete Juden in der Stadt auf.

Gebäude, das die spätmittelalterliche Synagoge beherbergte (Aufn. um 2010, aus: wikipedia.org)

Über die Jahrhunderte hinweg hat das Gebäude, in dem bis 1553 die Synagoge der Oelser Juden untergebracht war, die Zeiten überdauert. Das zunächst als Lagerhaus benutzte und anschließend zur evangelischen St. Salvatorkirche umgewidmete Gebäude war 1734 nach einem Brand wiederaufgebaut worden.

Der jüdische Friedhof in Oels, der bis Ende der 1940er Jahre noch in einem relativ guten Zustand verblieben war und erst in den Folgejahrzehnten der Zerstörung anheim fiel, wurde auf Beschluss der lokalen politischen Gremien Ende der 1960er Jahre geschlossen. Nachdem wertvollere Grabsteine bereits in den Jahren zuvor abtransportiert worden waren, wurde das Begräbnisgelände planiert und danach einer militärischen Nutzung (Übungsgelände) zugeführt.

Ole¶nica - teren cmentarza żydowskiegoEhem. Begräbnisgelände (Aufn. M. Nienałtowski, aus: kirkuty.xip.pl)

                                        erhaltene Friedhofshalle (Aufn. Polin, aus: sztetl.org.pl)

 

 

 

Weitere Informationen:

Magistrat der Stadt Oels (Hrg.), Das Buch der Stadt Oels in Schlesien, Deutsche Bibliothek, Verlagsanstalt Berlin-Spandau, 1930

Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens - Entstehung und Geschichte, in: "Studia Delitzschiana", Band 14, Verlag Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1972, S. 137 ff.

Gotthard Münch, Die jüdische Druckerei in Oels, in: "Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte", 53/1974, S. 52 - 56

Germania Judaica, Band III/2, Tübingen 1995, S. 1058/1059

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 929

Marek Nienaltowski, Nowa Synagoge Olesnica (2005), online abrufbar unter: olesnica.nienaltowski.net/Synagoga.htm

Olesnica, in: sztetl.org.pl

Marek Nienałtowski/Krzysztof Bielawski (Red.), Olesnica, in: kirkuty.xip.pl

Jan Doktór/Magdalena Bendowska, Der jüdische Buchdruck in Schlesien bis 1742, in: Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien, Wallstein-Verlag Göttingen 2014, S. 310 - 312